Alle zwei Jahre wird bei uns die Freileitung für Strom
( ein dickes isoliertes Kabel ), von schnell wachsenden Gehölzen, durch den örtlichen Energieversorger kostenlos befreit. Sie kündigen sich jedesmal dafür schriftlich per Postwurf an. Trotzdem war ich überrascht, als früh morgens, in der Nähe unseres „Kaiser Wilhelm“, gemeint ist unser alter Apfelbaum, plötzlich eine Motorsäge angeworfen wurde. Ich war sofort in den Stiefeln und machte mich auf zum Ort des Geschehens.
Richtig, er steht genau unter diesem isolierten Kabel und einige kleinere Zweige ragen schon bis dahin. Aber als schnell wachsendes Gehölz kann der alte Apfelbaum nicht bezeichnet werden, dachte ich noch so im Gehen.
Als ich angekommen war, habe ich die beiden Herren mit einem freundlichen „Guten Morgen“ begrüßt. Leicht ironisch aber in freundlichem Ton fragte ich die Beiden: „Aber den Apfelbaum lasst ihr doch stehen?“.
Der ältere von beiden, der eben aus dem Steiger mit der Motorsäge schon ein Paar größere Äste vom Kaiser Wilhelm abgesägt hatte, fragte verunsichert zurück, welchen Apfelbaum ich meinen würde.
Mit der Antwort hatte ich nicht gerechnet und einen Moment lang fehlten mir die Worte. Als ich mich wieder gefangen hatte, habe ich den beiden in ernstem Ton versichert, dass ich selbst die restlichen Zweige entfernen werde. Sie könnten ruhig schon weiterziehen.
Das nächste Grundstück ist eine als Baugrundstück gedachte Wiese mit alten Kirschbäumen.
Wie ich am nächsten Tag sah, haben die beiden dann dort, wahrscheinlich ganz zufrieden mit sich und der Welt, zwei alte Kirschbäume verstümmelt.
Manchem großen, alten Baum schreiben Menschen eine Seele zu.
Menschen ohne Bezug zur Natur, glaube ich jetzt, haben keine.
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